Am Ringfinger meiner linken Hand sind zwei Ringe. Manchmal klemmt an meinem rechten Handgelenk eine Uhr. Zu besonderen Anlässen trage ich eine Kette; davon habe ich zwei bis drei zu Hause. Meine Blumen stehen in schönen Milch- oder Limonadeflaschen auf dem Esstisch, die finde ich meist schöner als Vasen. Kurzum: mit Schmuck und teurem Kristall habe ich nichts am Hut. Und trotzdem klebte ich an den Lippen von Emilie, als sie uns durch das im Jahre 2012 eröffnete Musée Lalique in Wingen-sur-Moder führte.
Bereits Ende des 15. Jahrhunderts begann die Glasmachertradition in den nördlichen Vogesen. Die Region war ziemlich arm, aber es gab hier genügend Kieselerde und Holz, welches die elementaren Rohstoffe zur Glasherstellung sind. Also spezialisierten sich die Anwohner auf die Herstellung von Flaschen, Uhrengläser und Fensterglas.
René Lalique – Der Meister der Glaskunst
Nachdem die Glasherstellung während des 17. Jahrhunderts, welches vom Dreißigjährigen Krieg und den Erbfolgekriegen geprägt war, fast komplett aufgegeben wurde, erlebte sie später einen neuen Aufschwung; ganz besonders, als René Lalique das Zepter übernahm.
Das Musée Lalique, in das uns Emilie heute mitnimmt, befindet sich am Standort der ehemaligen Glashütte Hochberg in Wingen-sur-Moder. Auf rund 900 Quadratmetern werden hier mehr als 650 Ausstellungsstücke gezeigt.
Der im Jahre 1860 in der Champagne geborenen René Lalique zog bereits zwei Jahre nach seiner Geburt nach Paris, wo er schließlich im Jahre 1876 eine Lehre bei Louis Aucoc, einem Juwelier, antrat. Der außerordentlich talentierte Lalique arbeitete direkt im Anschluss an seine Ausbildung für renommierte Schmuckfirmen wie zum Beispiel Cartier.
1885 übernahm er die Werkstatt des Juweliers Jules Destapes und startete seine Karriere als eigenständiger Schmuckkünstler. Was mir besonders gefällt: Lalique war ein Querdenker; ein Entdecker und Revolutionär. Er verwendete Materialien, die bis dahin nur selten für die Herstellung von Schmuck verwendet wurden: Horn, Elfenbein, Halbedelsteine, Email und Glas.
In kürzester Zeit entwickelte sich René Lalique zu einem der größten Künstler seiner Zeit auf dem Gebiet Schmuckgestaltung und Glaskunst. Seine Broschen, Anhänger und Halsketten gehören zu den typischsten Beispielen für den Art-nouveau-Stil.
Gleich in der dritten Vitrine habe ich mich in einen wunderschönen Ring verliebt. Emilie erklärt uns, dass wir darauf deutlich Laliques Hauptinspirationsquellen erkennen können. Das waren nämlich die drei großen „F“: Frauengestalten, Fauna und Flora.
Im Jahre 1907 lernte Lalique den Parfümeur François Coty kennen und entdeckte eine neue Leidenschaft. Fortan kreierte er für ihn und zahlreiche andere Parfümhersteller Flakons.
1921 beschloss René Lalique, in Wingen-sur-Moder eine neue Manufaktur zu errichten. Die Verrerie d’Alsace spezialisierte sich auf die gehobene Tischkultur. Es wurden zahlreiche Glasserien entwickelt und in die ganze Welt verkauft.
Das wertvollste Schmuckstück: die Bacchantes Vase
Die 1927 erstmalig produzierte Bacchantes Vase ist auch heute noch der Bestseller unter seinen Werken. Dabei handelt es sich um eine Vase, deren Außenwand von zehn barbusigen Frauen geziert wird. Ich bin wohl nicht Fan genug, als dass ich mir eine Vase für mehrere tausend Euro leisten würde. Ich frage mich , wie man auf so einen Preis kommt?
Als Emilie mir erklärt, was es zur Herstellung braucht, staune ich nicht schlecht: 1.800 Bacchantes Vasen werden pro Jahr hergestellt. Allerdings müssen sie eine harte Qualitätskontrolle bestehen, bevor sie in den Verkauf gehen. So enden nur ungefähr vier von zehn Vasen in den Regalen. Zur Herstellung des guten Stücks benötigt es 30 Stunden Arbeit. 26 Leute arbeiten an ihr.
Auch wenn meine mathematischen Fähigkeiten zu wünschen übrig lassen, scheint sich der Preis doch zu rentieren. Trotzdem denke ich, dass ich mich weiterhin an meinen Milch- und Limoflaschen zu Hause erfreuen werde.
Informationen für deinen Besuch im Musée Lalique
ANFAHRT
Das Musem findest du in der Rue du Hochberg, 67290 Wingen-sur-Moder
Die Öffnungszeiten variieren in verschiedenen Monaten, daher empfehle ich dir einen Blick auf die WEBSEITE.
EINTRITTSPREISE
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- Ein Ticket für den Besuch des Museums kostet 6 Euro
- Ermäßigte Tickets gibt es für 3 Euro
- Ein Familienticket mit bis zu fünf Kindern kostet 14 Euro
Das Video von unserem Besuch im Musée Lalique
Die wundervolle Emilie erklärt uns die sagenhaften Fakten über die Herstellung der weltberühmten Bacchantes Vase.
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Der Besuch des Musée Lalique fand im Rahmen vom #FrenchCultureAward. Vielen Dank Atout France, dass ich ein Teil dieser Aktion sein durfte!
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