Als Kind habe ich jeden Winter im Schnee gespielt. Ich erinnere mich, wie ich damals mit den Gleitschuhen die gefrorenen Straßen entlang geschlittert bin. Mittlerweile ist in den Gefilden, in denen ich lebe, brauner Schneematsch das Höchstmaß an Winterzauber. Ich bin auch kein Skihase und es zog mich nie wirklich in die winterlichen Berge. Aber so ein bisschen Schnee-Engel malen und Rodeln wäre doch mal wieder schön – auf in den Winter im Kufsteinerland!
So verlegen Tini und ich unser Home Office eines Donnerstagmorgen in den Zug und düsen gen Süden nach Österreich. Mit der neuen Zugverbindung zwischen Berlin und München ist man binnen eines guten halben Bürotages im Winterwunderland.
Schon auf dem Weg nach München fliegen die ersten Schnee bedeckten Tannen am Zugfenster vorbei. Unsere Vorfreude auf ein richtiges Winterwunderland steigt immer weiter an.
Nur eine Stunde Zugfahrt von München entfernt, liegt Kufstein; unser Zielort. Hier sieht es schon viel winterlicher aus.
INHALTSVERZEICHNIS
- Tai Chi am Thiersee
- Leib, Wohl und Folter in Kufstein
- Österreichische Tapas und die größte Gin-Bar der Welt
- Eine Winterwanderung durch das Kaisertal
- Rodel-Qual und Rodel-Spaß
- Österreichische Haubenküche als krönender Abschluss
- Das Video zu unserer Reise
- Informationen für deine Reise ins winterliche Kufsteinerland
Wir fahren ins Hotel Sattlerwirt in der Gemeinde Ebbs und schmeißen unsere Sachen ins Zimmer. Noch ist es hell, so dass wir noch Zeit für einen Spaziergang haben. Der kalte Wind bläst uns um die Ohren, aber bisher zeugen alleine die weißen Gipfel und ein paar Schneehügelchen am Straßenrand von kürzlichem Schneefall. Wir kommen am Fohlenhof Ebbs vorbei und bekommen prompt eine kleine Führung durch die Stallungen. Auch hier pfeift der Wind in allen Ecken. Irgendwann sind wir ziemlich durchgefroren und freuen uns, dass wir uns jetzt in der gemütlichen Gaststube des Sattlerwirts bei einem zünftigen Zwiebelrostbraten aufwärmen können.
Tai Chi am Thiersee
Am nächsten Morgen fragt uns eine nette Dame beim Frühstück, was wir heute vorhätten. Wir erzählen ihr, dass wir mit dem Harald zum TAI CHI verabredet sind. Harald scheint ein dufter Typ zu sein, denn sein Name ruft bei allen Menschen sofort Begeisterung hervor. „Ach, der Harry. Ja, da werdet ihr eine Menge Spaß haben.“ Wir sind gespannt!
Mit dem Taxi fahren wir zum Thiersee, der auf knapp 700 Metern Höhe liegt. In der Nacht fiel neuer Schnee und je weiter wir hochfahren, desto weißer werden die Wälder. An der Touristeninformation von Thiersee treffen wir Harald. Er ist Wanderführer und leidenschaftlicher Tai Chi Lehrer. Im Winter wie auch im Sommer werden im Kufsteinerland viele kostenlose Wanderungen und andere AKTIVITÄTEN angeboten. Heute spaziert Harald mit uns zunächst um den Thiersee herum. Es schneit immer noch tüchtig und wir sehen manchmal kaum den Übergang vom See zum Land. Harald trotz dem Schnee und präsentiert uns trotzdem ein paar Tai Chi Übungen auf dem Steg.
Da es nicht aufhört zu schneien, suchen wir uns später jedoch lieber einen überdachten Platz. Hier im Schutz zeigt uns Harald ein paar Übungen. Während wir unsere Mitte finden, verziehen sich die dichten Wolken ein bisschen. Zurück bleiben ein paar windige Wolken, die mystisch durch die gezuckerten Baumwipfel wabern.
Leib, Wohl und Folter in Kufstein
Nach unserer morgendlichen Aktivstunde fahren wir nach Kufstein. Gerade als wir am unteren Stadtplatz aus dem Auto steigen, hören wir Orgelmusik, die über die ganze Stadt tönt. Über Kufstein wacht eine altehrwürdige Festung. Darin befindet sich die größte Freiluftorgel der Welt. Die sogenannte Heldenorgel wird jeden Tag um 12:00 Uhr (im Juli und August auch nochmal um 18:00 Uhr) gespielt. Wir lauschen der Melodie bis zum Ende. Während des Liedes scheint die Zeit in Kufstein still zu stehen. Nach den letzten Klängen des Orgelkonzertes kehren wir zum Mittagessen direkt am Marktplatz in die LIEBELEI ein, einem modernen Bistro, in dem es eigentlich keine feste Speisekarte gibt. Es wird gegessen, was auf den Tisch kommt, erklärt uns der Wirt.
Zum Nachtisch vertreten wir uns die Beine bei der Besichtigung der FESTUNG KUFSTEIN. Wir fahren mit dem Aufzug, der von den Einheimischen liebevoll „Papamobil“ genannt wird, den steilen Hang zur Festung hoch. Von den Festungsmauern aus sehen wir den Thierberg, auf dessen Gipfel eine kleine Kapelle steht. Tatsächlich wohnt hier hinter den dicken Mauern ein einsamer Mönch, ganz alleine und zurückgezogen. Manchmal kommt er in den Ort hinunter und trinkt ein paar Schnäpse.
Von den dicken Festungsmauern aus gehen wir runter in die ehemaligen Folterkammern. Schon beim Betreten der Kammern läuft mir ein eiskalter Schauer über den Rücken. Mit lebensgroßen Puppen werden hier die perfiden Foltermethoden des Mittelalters nachgestellt. Wir gruseln uns sehr und entschließen uns, den Tag doch lieber bei Tageslicht zu genießen. Als wir nach draußen kommen, verziehen sich die Wolken plötzlich und geben die Sicht auf die umliegenden Gipfel frei. Wir müssen wohl noch ein paar Minuten auf der Festung bleiben. Der Anblick ist einfach zu schön.
Letztlich verlassen wir zur besten Kaffee-Zeit die Festung. Harald, nicht nur Tai Chi Lehrer und Wanderer, sondern auch ein großer Kuchenfan, hat uns vorhin sein Lieblingscafé verraten: das Kaffeehaus DIE BOHNE TIROLS. Es ist auch wirklich ein schnuckeliges Häuschen mit eigener Kaffeerösterei, köstlichem Kuchen und gemütlichen Kuschel-Ecken in urigen Holzräumen.
Österreichische Tapas und die größte Gin-Bar der Welt
Mit einem Möhn-Pfirsich-Kuchen im Bauch spazieren wir noch ein bisschen durch Kufstein und fahren dann ins Hotel zurück, um uns aufzubrezeln. Heute Abend gehen wir aus!
In Kufstein, gleich neben dem unteren Marktplatz, gibt es eine ganz putzige Gasse. Es fühlt sich an, als würden wir durch eine Zeitschleuse direkt ins Mittelalter gehen. In der verwinkelten Gasse liegt das AURACHER LÖCHL. Während die Zimmer des Gasthauses alle zu einem schicken Boutique Hotel modernisiert worden sind, strahlt die Gaststube, die teilweise in einem ehemaligen Stollen liegt, noch in österreichischer Tradition. Wir nehmen am großen Holztisch Platz und bestellen österreichische Tapas. Die sind perfekt für uns, da wir uns nicht für ein Gericht entscheiden können. Kurze Zeit später stehen sieben kleine Pfännchen, die mit traditionellen Gerichten wie Wienerschnitzel und Käsespätzle gefüllt sind, auf unserem Tisch.
Für einen Absacker nach dem Essen müssen wir nicht weit gehen. Direkt nebenan ist der STOLLEN 1930. Gin-Fans aufgepasst: bei dem Stollen handelt es sich um eine der größten Gin-Bars der Welt. Am heutigen Abend dürfen wir aus 888 Sorten wählen. Nein, wir haben nicht alle probiert. Aber dennoch schlafen wir abends ganz Gin-selig und in Vorfreude auf den nächsten Wintertag in unserem kuschligen Bettchen ein.
Eine Winterwanderung durch das Kaisertal
Früh morgens treffen wir Harald wieder. Er wandert heute mit uns durch das Kaisertal. Um zu dem Tal zu gelangen, müssen wir aber erst 300 Stufen und einen steilen Hang überwinden. Ich bin froh, dass Harald uns Wanderstöcke mitgebracht hat, denn durch den platt getretenen Schnee sind einige Stufen wirklich rutschig.
Der Blick auf Kufstein und die Festung vom Aufstieg aus ist traumhaft schön. Wir kommen die ganze Zeit kaum aus dem Staunen heraus. Selbst Harald knipst fleißig Bilder. Irgendwann ermahnt er uns jedoch, dass wir uns ein bisschen sputen müssen, um die geplante Wanderung zur Antoniuskapelle zeitlich zu schaffen.
Der Winter sieht hier oben auf dem Berg aus wie im Bilderbuch. Der Schnee hat sich auf den kahlen Ästen der Bäume niedergelassen und obwohl es heute eher ein grauer Tag ist, leuchtet alles ganz hell. Es ist alles wunderbar ruhig. Nur das Knirschen unserer Schritte im Schnee durchbricht die winterliche Stille. Gut, und unser Schnaufen, wenn wir uns mal wieder die Puste ausgeht.
Kaum sind wir oben angekommen, breitet sich ein atemberaubend schöner Ausblick auf die umliegenden Berge vor uns aus. Ich möchte fast behaupten, dass sie mit dem Schnee noch schöner aussehen als im Sommer. Harald wandert mit uns bis zur Antoniuskapelle hoch; eine kleine Kapelle mit acht Holzbänken und bunten Fenstern. Bevor wir uns auf den Rückweg begeben, kehren wir noch für eine Brotzeit im VEITENHOF ein.
Rodel-Qual und Rodel-Spaß
Für uns untrainierte Flachland-Indianer war die morgendliche Wanderung mit den teilweise steilen Abschnitten durchaus ein bisschen anstrengend. Deswegen dachten wir, wir sind ganz schlau und gehen am Nachmittag einfach zum lockeren Rodeln über.
„Ihr fahrt’s einfach zur Schneeberg-Talstation und geht dann gemütlich zur Kala Alm, wo es die Schlitten gibt und rodelt wieder runter.“ Hört sich ganz einfach und nach einer Menge Spaß an, denn die Rodelbahn ist ganze 3,5 Kilometer lang. Zum Vergleich: der Rodel-„Berg“ im Naturschutzgebiet in meiner Heimat war ungefähr 30 Meter hoch.
Guter Dinge spazieren wir los. Nach wenigen Minuten und zwei bis drei Ausrutschern (wir schlittern teilweise auf der vereisten Rodelbahn) wird uns klar: die 3,5 Kilometer mit 400 Höhenmeter müssen wir auch erstmal hoch wandern. Das hatten wir bisher irgendwie verdrängt.
Ganz schön aus der Puste kommen wir ungefähr eine Stunde später an der KALA ALM an. Eh klar, dass wir hier jetzt erstmal eine Kaiserschmarrn-Pause einlegen müssen. Während wir uns vom Aufstieg erholen, wird es langsam dunkel. Das macht nichts, denn die Rodelbahn ist beleuchtet.
Auf der Alm leihen wir uns für 3,00 Euro einen Schlitten und rasen die Piste wieder hinunter. Dafür brauchen wir mit dem heißen Eisen unter unserem Hintern etwa eine Viertelstunde. Ein Klacks im Vergleich zum Hinweg.
Österreichische Haubenküche als krönender Abschluss
Voller Adrenalin sind wir wegen der ganzen Schnee-Abenteuer, trotz mancher Anstrengung, ganz aufgedreht. Das ist auch gut so, denn an unserem Abschlussabend wollen wir uns so richtig verwöhnen lassen.
Wir haben einen Tisch beim UNTERWIRT in Ebbs reserviert. Dort gibt es österreichische Haubenküche. Neben ausgefallen Vorspeisen wie Jakobsmuscheln mit Himbeeren und Kichererbsen, die durch Molekular-Küche-Verfahren wie kleine knusprige Chips daher kommen, gibt es auch das beste Wiener Schnitzel, das ich jemals gegessen habe.
Tini und ich grinsen uns über das ganze Gesicht: das ist einfach der perfekt Abschluss für ein perfektes Winter-Wochenende!
Das Video zu unserer Reise
Informationen für deine Reise ins winterliche Kufsteinerland
Anreise
- Bahn: Reinsetzen und entspannen (oder das Home-Office in den Zug verlegen)! Wir fanden die Anreise mit der DEUTSCHEN BAHN richtig gut. Nur viereinhalb Stunden fährt der Zug von Berlin nach München, von wo aus es dann nur noch eine Zugstunde bis nach Kufstein ist. Vor Ort haben wir einige Fahrten dann mit dem Taxi erledigt. Hier empfehlen wir dir das Taxi-Unternehmen InTaxi (wahnsinnig nette Leute), die du unter +43 5372 72020 erreichst.
- Flugzeug: Die nächstgelegenen Flughäfen sindInnsbruck (84 Kilometer),Salzburg (105 Kilometer) und München (126 Kilometer)
- Auto: Kufstein liegt direkt hinter der deutsch-österreichischen Grenze und ist mit dem Auto gut erreichen. Nicht vergessen, dass du auf österreichischen Autobahnen Maut zahlen musst.
Unterkunft
Sattlerwirt Ebbs
Oberndorf 89
A – 6341 Ebbs
Im Sattlerwirt werden Tradition und Moderne miteinander verbunden. Die Zimmer sind alle neu eingerichtet und dein Abendessen kannst du in einer urigen Gaststube mit fantastischer österreichischer Hausmannskost genießen.
DZ ab 124,00 EUR
Auracher Löchl
Römerhofgasse 3
A – 6330 Kufstein
Die Zimmer vom Auracher Löchl Boutique Hotel sind alle individuell und mit viel Kreativität gestaltet.
DZ ab 132,00 EUR
Food & Drinks
Sattlerwirt Gaststube
Oberndorf 89
A – 6341 Ebbs
Zünftig: Köstliche, traditionelle, österreichische Küche.
Liebelei
Unterer Stadtpl. 19
A – 6330 Kufstein
Moderne und teils sehr kreative Küche, die meist ohne Speisekarte serviert wird. Es gibt fast ausschließlich Tagesgerichte.
Kaffeehaus – Die Bohne Tirols
Kinkstrasse 30
A – 6330 Kufstein
Ein uriges und sehr gemütliches Café mit eigener Kaffeerösterei und wahnsinnig gutem Kuchen.
Veitenhof
Kaisertal 3
A – 6330 Kufstein
Eine schöne Alm mit leckerer typisch österreichischer Küche. Im Sommer kannst du es dir auf der Sonnenterrasse gemütlich machen. Jetzt im Winter gibt’s einen Tisch am warmen Ofen.
Auracher Löchl
Römerhofgasse 3
A – 6330 Kufstein
Das Auracher Löchl ist für sein fantastisches Fleisch bekannt. Das Filet wird direkt am Tisch geschnitten und gewogen. Wir empfehlen euch die österreichischen Tapas!
Stollen 1930
Römerhofgasse 3
A – 6330 Kufstein
Direkt im Auracher Löchl befindet sich auch diese einzigartige Gin-Bar. An dem Abend, an dem wir dort waren, standen 888 Sorten Gin zur Auswahl. Frag’ am besten den Bartender, welchen er empfehlen kann!
Besichtigungen
Fohlenhof Ebbs
Schloßallee 31
A – 6341 Ebbs
Pferdefreunde sollten sich unbedingt den Fohlenhof Ebbs ansehen. Haflinger, die schönen braunen Pferde mit ihrem blonden Haar kommen ursprünglich aus Tirol. Neben den Stallungen kannst du dir auch ein Musem ansehen, in dem teilweise Jahrhunderte alte Pferdekutschen sehen, in denen sogar die Queen von England schon gesessen hat.
Festung Kufstein
Festung 2
A – 6330 Kufstein
Für die Festung solltest du dir ausreichend Zeit nehmen. Es gibt so viele verschiedene Räume zu entdecken: ehemalige Verließe, Folterkammern oder ein Ausstellungsraum voller Ritterrüstungen. Außerdem ist der Ausblick von den Festungsmauern aus atemberaubend schön. Wahnsinnig hilfreich ist die App der Festung, mit der du deine persönliche Video- und Audio-Tour durch die Festung machen kannst.
Wandern und Rodeln
Die Wanderung durch das Kaisertal bis zur Antoniuskapelle eignet perfekt als kleine Schnupperwanderung. Vom Parkplatz stiefelst du erstmal die ungefähr 300 Stufen zum Kaiseraufstieg hinauf. Über die Sparchenstiege gelangst du zum eigentlichen Talweg. Oben angekommen führt der Weg oberhalb des Zottenhofes vorbei am Veitenhof und über die Pfandlkapelle und dem Pfandlhof zu einer Weggabelung. Hier hältst du dich links, um zur Antoiniuskapelle zu gelangen.
3,5 Kilometer den Berg hinunter Rodeln kannst du von der Kala-Alm aus. Es dauert zwar eine Stunde, um den Berg zu erklimmen und der Weg führt teilweise auf der Rodelbahn entlang, so dass du auf die vorbei rauschenden Schlitten Acht geben musst, aber dafür ist der Weg runter umso spaßiger. Einen Leihschlitten für 3,00 Euro bekommst du auf der Alm. Pssst: leckeren Kaiserschmarrn und Schnaps gibt es hier auch.
Vielen Dank an Urlaub in Österreich für die Unterstützung bei dieser Reise, die so viele wunderbare Kindheitserinnerungen in mir geweckt hat!
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