Es ist ein warmer Sommertag, wie er schöner nicht sein könnte. Die Sonne strahlt auf die goldenen Kornfelder und die Blumen wiegen sich in der warmen Sommerluft. Königliches Wetter – passend zu diesem Tag, an dem wir die das Château du Haut-Kœnigsbourg, die Hohkönigsburg, besuchen wollen.
Ich sitze schweigend neben Jasper, der uns zu unserem nächsten Ausflugsziel im Elsass fährt, und blicke aus dem Fenster. Als ich hinter einer Kurve, an den Baumkronen vorbei und über die Weinberge hinweg einen ersten Blick auf die auf dem Berg thronende Hohkönigsburg werfe, bin ich direkt von ihrer majestätischen Art fasziniert.
Die im 12. Jahrhundert erbaute Burg hat schon einiges gesehen und viel zu erzählen. Zu ihren Füßen fanden mehreren Jahrhunderte lang Auseinandersetzungen zwischen Lehnsherren, Königen und Kaisern statt.
Immer wieder ging das Château du Haut-Kœnigsbourg in neuen Besitz über. Bevor wir unsere Tour starten, gehen wir im Burgrestaurant zu Mittag essen, natürlich inklusive Weinchen; wir sind schließlich in Frankreich, da gehört das zum guten Ton. Wenn wir später je einen weiteren Wein auf jeden neuen Besitzer der Burg getrunken hätten, wären wir wahrscheinlich den Burggraben hinunter getorkelt.
Die erste Urkunde über die Existenz der Burg stammt aus dem Jahr 1147. Hohenstaufen hatte sie damals errichtet und ihr den Namen Castrum Estuphin gegeben. Ihren Namen Königsburg erhielt sie erst 1192.
Als wir zu den großen Burgtoren gehen, bestaunen wir den wunderschönen Ausblick auf die Rheinebene. Der Berg auf dem die Burg liegt ist ungefähr 800 Meter hoch und steht auf einem kleinen Felsvorsprung. Beste Voraussetzungen, um Angreifer sofort auszuspähen und sich zeitig auf einen Angriff vorzubereiten.
Trotzdem wurde die Burg im Jahre 1462 komplett zerstört. Die Familie von Tierstein baute sie um 1500 herum wieder auf. Ihr neuer Glanz währte jedoch nicht lang, da die schwedische Artillerie während des Dreißigjährigen Kriegs die Burg belagerte, plünderte und abbrannte. Die Hohkönigsburg verkam zu einer Ruine, die aber nach fast zwei Jahrhunderten dann im Jahre 1862 von der Stadt Sélestat erworben und erstmals unter Denkmalschutz gestellt wurde.
Wir stehen gerade im obersten Turm der Burg, von wo wir die dicken Mauern und das dahinter gelegene Tal sehen können, als unser Tourguide uns erzählt, dass Kaiser Wilhelm II im Jahre 1871 die Ruine von der Stadt geschenkt bekam. Ich blicke über die weiten Felder und überlege, was ich wohl mit einer solchen Schenkung gemacht hätte?
Der Deutsche Kaiser wollte die Burg jedenfalls wieder aufbauen und ein Museum errichten. Dazu wurde 1904 der Hohkönigsburgverein gegründet. Etwa 400 Mitglieder, unter ihnen Architekten, Universitätslehrer und Archäologen, zählten zu dem Verein. Neben der Restaurierung der Burg kümmern sie sich um die Beschaffung rheinischer Objekte, von Waffen bis zu Möbeln, aus dem Mittelalter und der Renaissance im Elsass, in der Schweiz und in Österreich.
Mittlerweile zieren aufwendige Malereien die Decken der hochherrschaftlichen Säle, an denen riesengroße grußeiserne Kronleuchter hängen. In einem Saal steht eine Sammlung mit Kampfspeeren vor den bunten Fenstern. Sie sind größer als ich und ich mag mir gar nicht ausmalen, wie schrecklich es gewesen sein muss, wenn sich eine solche Spitze durch die Rüstung bohrt.
Am 13. Mai 1908 fand die offizielle Einweihung der Museumsburg statt. Aber noch immer hatte die Hohkönigsburg keine Ruhe. Im Jahre 1919 geht sie in den das Eigenturm der Republik Frankreich über und darf sich seither staatliches Schloss nennen und steht seit 1993 laut aktuellem Gesetz unter Denkmalschutz.
Neben dem Schloss an sich, können Besucher auch Sonderausstellungen besichtigen. Als wir in einen weiteren Turm gelangen, hängen bunte Comic-Zeichnungen an den großen Dachbalken. Derzeit findet eine Ausstellung des Illustrators Jacques Martin statt. Die von ihm erfundenen Comic-Figuren Alix, Lefranc und Jhen erleben ihre abenteuerlichen Geschichten hier im Elsass. Daher hat sich die Leitung der Hohkönigsburg dazu entschlossen, die reproduzierten Stücke, Skizzen und Bleistiftzeichnungen in den alten Gemäuern auszustellen.
Als wir schließlich die dicken Gemäuer verlassen, glitzert es in meinen Augen und mein Landmeedchen Herz schlägt schneller.
Die Sonnenstrahlen fallen auf einen kunterbunten, ganz urigen Garten. Während andere Herrenhäuser oft mit der Nagelschere geschnittene Grasflächen Schlossgarten nennen, hat das Château du Haut-Kœnigsbourg einen wilden Blumen- und Kräutergarten. Wir treffen Catherine, eine sehr hübsche Kräuterhexe. Sie erklärt uns, dass sie versuchen, in diesem Garten Kräuter zu kultivieren, mit denen die Menschen im Mittelalter gehandwerkelt haben und die im Laufe der Zeit in Vergessenheit gerieten. Wir helfen ihr dabei, mit alten Tongießkannen, wie sie sie damals nutzten, Blumen zu wässern und probieren ein paar Kräuter.
Nachdem das Château du Haut-Kœnigsbourg so oft von einer Hand in die nächste gegeben, zerstört und wieder aufgebaut wurde, ist sie heute tatsächlich mehr als „nur“ eine Burg; ein schönes Erlebnis!
Unser Video zu unserem Besuch auf der Château du Haut-Kœnigsbourg
Informationen für deinen Besuch des Château du Haut-Kœnigsbourg
- Die Öffnungszeiten variieren je nach Jahreszeit. Genaue Informationen dazu findest du auf der Webseite der Burg.
- Der Eintrittspreis beträgt 9 Euro. Informationen zu Ermäßigungen gibt es ebenfalls auf der Webseite.
- An einigen Tagen gibt es einen Busshuttle vom Bahnhof Sélestat aus. Der Fahrpreis beträgt 2,50 Euro und gilt as Rabattkarte für den Eintritt in die Burg.
- Spar-Tipp: an allen ersten Sonntagen in den Monat von November bis März, sowie während der „Tage des offenen Denkmals“ (3. Wochenende im September) ist der Eintritt kostenlos
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Der Besuch des Château du Haut-Kœnigsbourg fand im Rahmen vom #FrenchCultureAward. Vielen Dank Atout France, dass ich ein Teil dieser Aktion sein durfte!
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